Abenteuer im Random-Universum Band 4: Die Kinder des DAN
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Corona Honoris
Prolog
„Jede Geschichte hat ihre Vorgeschichte.“
Lange bevor sich die heute etablierten Kulturen des Random-Universums entwickelten, herrschte das unheimliche Volk der Devon über weite Teile der Galaxis. Von Größenwahn und Paranoia getrieben, kreierten diese Wesen auf Grundlage der primitiven menschlichen DNA zwei vollkommen neue Rassen: Calzunier und Corelianer. Während die Calzunier hauptsächlich als robuste Arbeitssklaven dienten, wurden die Corelianer mit fantastischen Fähigkeiten versehen, um als überlegene Kämpfer die Macht der Devon auf ewig zu sichern. Doch dazu kam es nicht, weil sich die Corelianer – entgegen ihrer ursprünglichen genetischen Programmierung – körperlich sowie geistig fortentwickelten und später unter ihrem legendären Kriegerkönig Dan gegen ihre Schöpfer erhoben. Bis heute wirkt das gespenstische Erbe der Devon-Ära in den Genen von Calzuniern und Corelianern nach und macht beide zu einer jeweils eigenständigen Hominidenrasse. Besonders schwer haben es Abkömmlinge aus gemischten Ehen. Sie sehen sich mit Ausgrenzung, Misstrauen und Vorurteilen konfrontiert. Darunter litt auch der kleine Anuk, den Kriegerprinzessin Dao-Lin glücklicherweise unter ihre Fittiche nahm. Aber selbst seine große Schwester Anu-Ket, die beeindruckend forsch und selbstbewusst auftritt, blieb davon keinesfalls verschont.
Confar – Die große Zusammenkunft
Unangenehm dunkel, windig und kühl erscheint die Nacht, welche sich über Dao-Lins Residenz auf Loop-Noor gesenkt hat. Eine steife Brise hat die rings um das Gebäude verteilten Öllaternen der Munas ausgeblasen, was eher selten vorkommt. Plötzlich reißt die Wolkendecke auf und das bleiche Mondlicht strahlt unnatürlich grell ins Zimmer des kleinen Anuk, den Kriegerprinzessin Dao-Lin vor noch gar nicht all zu langer Zeit adoptierte. Dieser wälzt sich auf seinem Lager hin und her. Ein Albtraum quält ihn, den weniger die turbulenten Ereignisse der Vergangenheit, als Min-Khais Worte vom Nachmittag in seinem Kopf zu erzeugen scheinen: „Die große Kriegerprinzessin Dao-Lin hat Wichtigeres zu tun! … Vermenschlichter Welpe! … Ein Tollpatsch, der ständig über seine eigenen Füße stolpert! … Da blamiert man sich ja bis auf die Knochen! … Zum Gespött aller Daminos werden! … Das hat Dao-Lin niemals verdient! … Doch dann wird sie dimittiert! Und das ist alles deine Schuld, du Tölpel!“ Der Junge schreckt hoch, springt aus dem Bett, macht sich fertig und schleicht leise aus dem Zimmer. Ziel seiner Wanderung ist die Wiese hinter dem Haus. Es ist stockfinster, weil der Mond wieder einmal von dichten Wolken verdeckt wird. Trotzdem stößt der kleine Corelianer nirgends an, so als ob ihn eine innere Stimme leiten würde. Er tastet sich immer weiter voran, durch das Sonnen-Tor hinaus, jenen Weg entlang, der aus gestampftem Lehm besteht, schnurstracks auf den mit rötlichen Gräsern bewachsenen Hang hinter dem Haupthaus zu. Immer noch herrscht tiefste Nacht, ist keine der beiden mächtigen Sonnen aufgegangen, deren Strahlen das Firmament schon bald Türkis einfärben und die Luft unerträglich erwärmen werden. Um sich vor Austrocknung zu schützen, geben dann die großen ledrigen Blätter der rötlichen Rambur-Gewächse, die allgegenwärtig sprießen, große Mengen Feuchtigkeit ab. Schwüle wird das Atmen erschweren und für Stunden jegliche Aktivitäten lähmen, bis das Zwillingsgestirn wieder versinkt. Über Nacht regnet sich dann das verdunstete Wasser aus schweren Wolken wieder ab, bis am Morgen der Kreislauf der Natur von vorn beginnt. Das alles interessiert den jungen Corelianer im Moment aber nur am Rande. Ihn treibt viel Bedeutsameres um. Da der Kleine unter Menschen aufgewachsen ist, möchte er üben, üben, üben, um in seiner corelianischen Umgebung nicht länger als Tollpatsch zu gelten. Während die letzten Regentropfen aus den Wolken rieseln und es allmählich aufklart, beginnt Anuk mit seinem Training. Eine ganze Weile ist er eifrig bei der Sache, bis seine Konzentration von unheimlichen Geräuschen abgelenkt wird. Plötzlich beschleicht den Kleinen das Gefühl, er werde beobachtet. Von der anderen Seite der Wiese her, wo der Dschungel aus mächtigen Rambur-Stauden wuchert, raschelt es bedrohlich. Der Junge zuckt zusammen und schaut gebannt in diese Richtung. Sanft wiegen sich die großen Blätter hin und her. Sporadisch blitzt im Dickicht ein Augenpaar auf. Dergleichen hat Anuk, der vor Schreck wie hypnotisiert dasteht, noch nie gesehen. Keiner hatte ihn davor gewarnt, dass auf Loop-Noor gefährliche Tiere hausen würden, vor denen man sich in acht nehmen sollte! Dann passiert es: Eine riesige Kreatur prescht mit grellem Kreischen aus dem Dickicht hervor und stürmt auf den Jungen zu. Der Kleine schreit laut um Hilfe und rennt zurück zum Haus. Von diesem Lärm aufgeschreckt, eilen Dao-Lin und Min-Khai ins Freie. Beide ahnen Schreckliches. Die Corelianerinnen finden Anuk, der sich ganz verstört mit dem Rücken an die Hauswand presst. Während sich Min-Khai sogleich um den Kleinen kümmert, stellt sich Dao-Lin todesmutig der vom Rambur-Wald heranstürmenden Gefahr. Im Schein großer Fackeln, welche unzählige Munas in Händen halten, erkennt Anuk, dass es sich um ein Tier handelt. Mit gewaltiger Statur, von seiner Größe her einem Schwertfisch nicht unähnlich. Nur das diese Kreatur einen runden Leib und riesige Flügel hat, die wirken, als bestünden sie aus Segeltuch. Sein Kopf sieht unförmig aus, wie in den Körper eingewachsen. Dort befindet sich ein aus vier Teilen bestehender Schnabel. Vier Augen besitzt das Untier. Zwei sitzen links und rechts am Kopf, so groß wie Suppenteller. Die anderen beiden befinden sich auf der Stirn und sind nur etwa halb so groß. Anuk zählt sechs Beine, drei an jeder Seite, die in gefährlich aussehende Klauen münden. Das Hinterteil bildet ein sichelförmig gebogener Stachel, der fast wie eine Kneifzange wirkt. Außerdem stinkt es bestialisch, weshalb sich Anuk die Nase zuhalten muss. Dem Maul des Tieres entweichen giftige Dämpfe, und es erscheint aufs äußerste erregt. Unaufhaltsam nähert es sich dem Anwesen, dabei fortwährend mit seinen großen Flügeln schlagend. Mehrere Munas rufen verzagt: Veckari. Nur Dao-Lin bleibt ruhig. Abgeklärt zieht sie ihren Kampfstab. Mit aller Kraft versucht die Kriegerprinzessin zu verhindern, dass die Kreatur, deren Riesenflügel bedrohliche Windböen erzeugen, bis zum Haus vordringen kann. Sie weiß, dass Schießen nicht hilft, weil das Wesen gepanzert ist. Es gibt nur eine Möglichkeit, ein Veckari zu erlegen: Man muss eine verletzliche Stelle am Hinterkopf treffen. Dies ist leichter gesagt, als getan und obendrein auch noch höchst gefährlich, denn ein Krieger muss dazu auf den Rücken des Tieres gelangen. Da Veckaris ebenso wehrhaft, wie wachsam sind, ist es einem einzelnen Corelianer nur schwer möglich, eine solche Kreatur zur Strecke zu bringen. Dao-Lin steht momentan lediglich Min-Khai zur Seite, die aber hoch schwanger ist und daher einen Kampf besser vermeiden sollte. Zum Glück kommt wenige Minuten später Cass-Aij dazu, der stets diskret über seine Gefährtin Min-Khai wacht. Ohne zu zögern greift er ins Geschehen ein, während Min-Khai versucht, den kleinen Anuk in Sicherheit zu bringen. Gemeinsam haben Dao-Lin und Cass-Aij nun bessere Chancen mit dem Ungetüm fertig zu werden. Letzteres registriert sofort die geänderte Lage. Die vermeintlich leichte Beute in Gestalt eines corelianischen Welpen ist nun nahezu unerreichbar geworden. Sich dessen wohl bewusst, tritt das Tier den Rückzug an. Leider führt seine Flucht nicht geradewegs in den Busch, sondern zur nächstgelegenen Muna-Siedlung. Diese heißt Hangstadt und ist von der typischen Architektur der Munas geprägt. Die rundlichen Häuser sind allesamt halb im Erdreich eingegraben und tragen ein Dach, welches wie eine umgekehrte Bratpfanne aussieht. Diese optisch recht niedliche wirkende Konstruktionsweise verleiht den Gebäuden erhebliche Stabilität und schützt seine gutmütigen Bewohner vor Übergriffen gefräßiger Raubtiere. Zudem parken rund um die Siedlung corelianische Schwertfische. Dies erleichtert beiden Seiten die Erfüllung ihrer Pflichten: Zum einen können die Munas die Corelianer schnell mit allem Lebensnotwendigen versorgen. Zum anderen sind die Daminos sofort präsent, falls den Munas Gefahr drohen sollte. Genau diese Situation tritt jetzt ein, da sich ein ausgewachsenes Veckari auf Hangstadt zubewegt. Krachend bricht das Tier aus dem Unterholz und dringt in die Siedlung vor. Bei seinem Vormarsch walzt es alles nieder, was sich ihm in den Weg stellt. Dadurch steigt der Geräuschpegel schlagartig an und alarmiert die benachbarten Corelianer. Angeführt von Dao-Lin stellen sie sich unerschrocken dem Ungeheuer in den Weg. Hingegen verschanzen sich die Munas ängstlich in ihren festungsartigen Behausungen.
Abenteuer im Random-Universum Band 3: Kampf um die Zukunft
Zum Glück trifft die famose Crew aber nicht nur auf neue Feinde, sondern findet obendrein auch neue Verbündete im Kampf gegen die Tyrannei der Tamarin, was für die Zukunft Hoffnung gibt …
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Gerade als die Corelianerin interessiert die Auslagen beschnuppert, dringen verschiedene Wortfetzen an ihre sensiblen Ohren. Sie stammen aus einem besonders bunt geschmückten Container ganz in ihrer Nähe. Anu-Ket hält inne und lauscht dem Gespräch. – „Wir haben noch so gut wie nichts verdient! Dieser Sire Frobel lässt auf sich warten und die zwei Sternenflottenkrieger hätten uns wegen eines dämlichen Gerondolo beinahe drangekriegt! Dann kamst du auch noch mit deinem geschwollenen Gelaber daher!“, schimpft Jenna, das hübsche Freudenmädchen, mit ihrem Partner Radost. Dieser wehrt sich: „Es ist zum Weinen. Immer auf die Kleinen. Ich hoffe, die von der Sternenflotte haben das Gesindel erwischt wonach sie suchen. Ich kann über diese uniformierten Grobiane nur fluchen …“ Plötzlich gibt Jenna ihrem Kamerad ein Handzeichen. Er soll still sein. Sie bemerkte Schritte und einen langgezogenen Schatten vor der halb offen stehenden Tür. Zugleich nickt ihm Jenna zu, was so viel heißt, wie: „Sieh doch mal nach, wer sich dort herumdrückt.“
Als der Gaukler die quietschende Blechklappe des Containers ganz nach oben aufschiebt, steht unerwartet eine junge Frau vor ihm. Sie ist alles andere als hässlich, weshalb Radost die exotische Schönheit zwanglos anspricht. Er fragt, ob die holde Maid nicht Lust hätte, hier mitzuarbeiten. Eine attraktive Erscheinung wie sie könne in diesem Gewerbe gutes Geld verdienen, müsse dafür nur ab und zu Dienste am Manne tun. Da Anu-Ket nicht versteht, worauf das ulkig aussehende Mannsbild, an dessen Körper sämtliches Geschmeide baumelt, hinaus will, wechselt dieses geschwind das Thema: „Schönes Kind, womit kann ich Euch sonst dienen? Vielleicht mit süßen Pralinen?“ Die Corelianerin erwidert geistreich: „Gelobt sei euch Menschen, was dick macht, nicht wahr? Ich dagegen bevorzuge Metaphorisches.“ Radost schaltet erneut um: „Dann eine Reise in die Zukunft vielleicht? Geht ganz leicht. Wahrsagen ist meine Spezialität, musst du wissen. Setz dich dort drüben aufs weiche Kissen. Dann riskiere ich für dich einen kurzen Blick. Ist alles echt, kein billiger Trick!“ – „Fein! Ich liebe Nahtoderfahrungen“, jauchzt Anu-Ket und schwingt sich bereitwillig auf den ihr zugewiesenen Platz. Allein durch diese leicht überdrehte Aussage hätte das Gaunerpärchen eigentlich gewarnt sein müssen …
Dennoch fährt Radost unbeirrt fort, sein Opfer zu becircen: „Schließe die Augen und lasse dich leiten, durch Untiefen deiner Seele und magische Weiten. Radost das Rätsel werde ich genannt, bin allseits für meine Kunst bekannt.“ In einem fort betört der Magier die Corelianerin, die regungslos mit geschlossenen Augen dasitzt. Unschuldig lächelnd seinem Vortrag lauschend: „Sei ganz entspannt, dann bist du schon bald in meiner Hand. Höre mein Flüstern, es macht dich ganz lüstern! Drum wirst du dich beeilen, deine intimsten Geheimnisse mit mir zu teilen. Doch zuvor sprich geschwind: Bist du auch ein liebes Kind?“ – „Ja!“, schnurrt Anu-Ket inbrünstig. Angesichts ihrer feudalen Robe – ganz in edlem Dunkelblau, mit Umhang und goldbestickten Samthandschuhen – erkundigt sich Radost: „Bist du reich? Sag es bitte gleich!“ – „Nö!“, erwidert die Legatin lässig. Diese kurze, knackige Antwort hatte der Magier nicht erwartet. Da springt ihm der golden glänzende Kampfstab an Anu-Kets Gürtel ins Auge, der reiche Beute verspricht. Vorsichtig streckt der geübte Langfinger seinen rechten Arm aus und fährt zugleich fort: „Hast du denn gar nichts von Wert, was mich eventuell ehrt?“ – „Ihr seid es doch gar nicht wert, dass man euch ehrt“, nuschelt Anu-Ket zurück. Radost horcht auf, den nur noch Millimeter vom Objekt seiner Begierde trennen.
Leider unterschätzen Jenna und er sowohl die sensible Wahrnehmung als auch die flinken Reflexe ihres Opfers. Gerade als Radost zupacken will, erwischt ihn Anu-Ket, die ihrerseits rasant auslangt. Schlagartig öffnet die Legatin ihre wunderschönen großen Mandelaugen und fährt Jenna an: „Die Murmeln in meinem Kopf, keine Ruhe sie finden. Sind ständig am kreiseln, die verfluchten Geschwinden.“ – Dann zu ihrem Komplizen gewandt: „Du rotziger Rüpel, bleib gefälligst bei deinem Knüppel!“ Um die brenzlige Situation zu entschärfen, bringt Jenna ihre schlüpfrige Anmache ein. Sie streicht mit der Zunge verführerisch über ihre Lippen und stöhnt: „Aber Süße. Warum so grob? Wenn du wüsstest, was Radosts Spezialität ist.“ – „Etwa Mundhygiene?“, mutmaßt Anu-Ket. – „Dummerchen!“, schüttelt Jenna den Kopf. „Er will dich doch nur in die sündhaft heißen Abgründe der Lust entführen!“ Der um den es geht ist schon ganz zappelig beim Anblick der rassigen Corelianerin, weshalb er lechzt: „Wir haben gleich nebenan ein hübsches kleines Zimmer. Gemütlich und warm ist es dort immer. Sage einfach ja und Radost der Hengst ist für dich da. Habe schon lange keine so schöne Frau wie dich mehr gesehen, drum lass uns beide ganz schnell rüber gehen …“ Anu-Ket hat langsam genug von dieser Schmierenkomödie und antwortet bärbeißig: „Wenn ich wirklich mit dir würde dort rüber gehen, könntest du zehn Migdols garantiert nicht mehr stehen!“ So etwas Freches kam Radost bislang noch nicht unter. Dennoch ist der Schönling fasziniert von der frivolen Schlagfertigkeit und Grazie dieses Weibsbildes. Seine Gefühle fahren Gleiter-Runden. Er kann sich nicht mehr beherrschen und schnaubt: „Warum bringst du meine Gefühle erst auf Trab und stürzt mich dann ins Fegefeuer hinab?“ Jetzt reißt Jenna der Geduldsfaden, denn sie begreift, dass sich diese Kundin nicht so leicht über den Tisch ziehen lässt. Deshalb möchte sie das Opfer direktausrauben: „Fahr zur Hölle, Süße …“ Sarkastisch kommt es von Anu-Ket zurück: „Des Himmels, der Hölle widerstand schon mein Mut. Ob Corelianer oder Menschen, ich lach‘ ihrer Wut! Denn wisse: Mit Sonne im Herzen und Sturm in der Seele, durchstreif‘ ich die Pfade, die ichmir erwähle! Auf, Radost, brich endlich dein Schweigen, dass klar uns die künftigen Dinge sich zeigen …“
Derart provoziert, fuchtelt Jenna kreischend mit einer Eisenstange herum, die aber ihr Ziel verfehlt und stattdessen unbeherrscht die Verschlussklappe des Containers erwischt. Knallend fliegt das Außenschott zu und es wird augenblicklich stockfinster. Rumoren und ein dumpfer Schrei hallen durch den Raum. Dann folgt ein Moment fast absoluter Stille. Als erster kommt Radost kurz darauf wieder zur Besinnung. Eigentlich völlig unbeteiligt an der Rangelei, bekam er von Anu-Ket rabiat einen Tritt gegen den Oberkörper und flog hinterrücks über eine Kiste mit Kleidungsstücken. Nun rappelt sich der Magier aus seiner unbequemen Lage wieder hoch und will Licht machen. Mit zitternden Händen tastet sich Radost durch die Dunkelheit.
Als er die zentrale Lampe anknipst, steht die Corelianerin genau vor ihm und haucht: „Buh!“ Erschreckt stolpert Radost rückwärts und landet auf jenen Kissen, wo zuvor sein Opfer saß. Schnell springt er wieder auf und bleibt in gebührendem Abstand vor Anu-Ket stehen: „Verflucht seiest du Geschöpf des Bösen! Diesen Bann kannst du nicht lösen! Spüre die magische Macht von Radost dem Prophet, der hier vor dir steht!“, verkündet er mit bebender Stimme und streckt der Höllenbraut ein verbeultes Amulett entgegen. – „So, so, jetzt bist du Bursche auch noch Prophet. Fragt sich nur, von welcher Konvention? Etwa der geheiligten Angina oder des seligen Tinnitus?“, höhnt Anu-Ket und schlägt Radost lässig den Fetisch aus der Hand. Dann legt sie ihre Arme auf seine Schultern, drückt ihn nach unten und verkündet: „Jetzt bin ich dran, weiser Mann. Kannst du mir auf meine Fragen befriedigende Antwort geben, lasse ich dich auch ganz bestimmt am Leben. Stellst du dich aber all zu dumm, bringe ich dich auf der Stelle um!“ Radost schluckt deutlich hörbar, während die Corelianerin ironisch fortfährt: „Hier hat angeblich eine kaiserliche Legatin ihr Unwesen getrieben. Sag, wo ist das Luder geblieben?“ Wortgewandt und verlegen zugleich heult Radost: „Ich muss zu meiner Schande gestehen, soweit kann selbst ich nicht in die Zukunft sehen.“ Doch bleibt Anu-Ket hart: „Dann bringen wir deinen trägen Geist mal ein bisschen in Schwung. Glaube mir, was jetzt kommt das hält jung!“
Wortgewandt und verlegen zugleich heult Radost: „Ich muss zu meiner Schande gestehen, soweit kann selbst ich nicht in die Zukunft sehen.“ Doch bleibt Anu-Ket hart: „Dann bringen wir deinen trägen Geist mal ein bisschen in Schwung. Glaube mir, was jetzt kommt das hält jung!“ Sie packt den Unglücklichen am Kragen, zieht ihn wieder hoch und blickt tief in seine blaugrauen Augen. Schwitzend vor Angst stammelt ihr Gegenüber: „Der Weg zum Nerunat immer lohnt, auch wenn man etwas weiter wohnt. Die Sires haben wohl versucht, eine Legatin zu jagen. Ob es ihnen gelang, kann ich dir wirklich nicht sagen. Bitte töte mich jetzt nicht. Ich bin doch nur ein armer Wicht.“ – „Nun gut, ich will dir mal glauben und nicht länger deine kostbare Zeit oder gar dein armseliges Leben rauben. Aber merke dir gut: Sei vor Leuten wie mir in Zukunft besser auf der Hut!“ Nach Verkündung dieser düsteren Warnung verschwindet Anu-Ket. Kein Zweifel, in jener exzentrischen Corelianerin hat das Gaunerpärchen seinen Meister gefunden. Radost kann das Ganze noch nicht recht begreifen. Als der erste Schock einigermaßen verdaut ist, muss er sich schleunigst um seine verletzte Partnerin kümmern, die immer noch jammernd am Boden liegt …
Abenteuer im Random-Universum Band 2: Sirenen der Finsternis
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Mit solchen Vorhersagen kennt sich insbesondere der steinalte Golgon Chull Anutu aus. Früher war dieser skurrile Seher für seine Visionen berühmt. Mugtadar, Machmulls Vater, konnte aufgrund dessen so manch lohnenden Raubzug durchführen. Aber schon seit langem schickte Chull das Universum keine Eingebungen mehr – bis heute früh – als er durch Zufall die prächtige Kiste mit dem Wappen der Legatin Toll-Lan berührte. Ein Stich fuhr in sein Herz und der Alte erlitt einen Schwächeanfall. Auf seinem Lager verbrachte Chull die letzten Tage, von Fieberträumen gepeinigt. Schweißgebadet bietet er schließlich alle Kraft auf und lässt sich zitternd zur Kahnsbarkasse der Modechai bringen. Dort werden gerade letzte Vorbereitungen für den herannahenden Beutezug getroffen. Im zentralen Kommandoraum geht es aufgeregt zu. Deshalb bemerkt anfangs niemand, dass auch Tjelfe, die jüngste Tochter des Machmull, die Zentrale betreten hat. Sie ist ein gertenschlankes, bildhübsches Mädchen mit langen wasserstoffblonden Haaren. Tjelfe strahlt etwas Liebreizendes aus, das jeden Betrachter augenblicklich in seinen Bann ziehen kann. Bekleidet ist die junge Cordina mit einem bis zu den Knöcheln reichenden, eng anliegenden hellgrauen Kleid einfachsten Zuschnitts. Zudem betont ein schmaler weißer Gürtel ihre feingliedrige Statur. Als einzige Zierde trägt sie ein Medaillon um den Hals. Es ist das tiefschwarz glänzende Bruchstück eines Kometen, eingefasst in ein rundes Pektoral aus Gold.
Zwar freut sich Machmull über ihr kommen und küsst sie sogleich liebevoll auf die Stirn. Der Anblick des Halsschmucks verdirbt ihm jedoch die gute Stimmung gründlich. Schließlich ist es ein Präsent ihres Herzallerliebsten Harun vom Clan der Bluffost und gewissermaßen das Sinnbild ihrer Verbundenheit. Den so provozierten Disput unterbricht Chulls Auftritt. Gezeichnet von Siechtum und Alter, schleppt sich der Greis herein und ruft, die Arme weit ausgestreckt:
„Haltet ein und hört mich alle aufmerksam an, auf das ich euch warnen kann, vor drohendem Unheil, dass den Modechai wird schon bald zu teil!“
Sofort dreht sich alles zu ihm um und das geschäftige Gemurmel verstummt. – „Was führt dich hier her, ehrenwerter Golgon?“, fragt Hectorum Roscagma, der Muschkott der Modechai. Dieser Ausdruck bedeutet so viel wie ‚Erster Krieger’ und damit rechte Hand des Kahns. Er ist Mitte dreißig, hat schwarzes Haar, durchdringende tief braune Augen und wie die meisten Corden einen lichten Vollbart. Dank seines ebenso besonnenen, wie tapferen Wesens hat dieser verwegene Stratege schon zahllose Siege für die Modechai erringen können. Das machte ihn weithin berühmt. Der Kahn weiß genau, was er an ihm hat und lässt Hectorum oftmals gewähren, obwohl ihm seine ebenso korrekte, wie kritische Art manchmal gehörig gegen den Strich geht. Unbegreiflich erscheint Machmull der Respekt, den Hectorum dem Graukopf entgegenbringt, der nur noch ein kümmerlicher Schatten seiner einstigen Gestalt ist. Vom Muschkott gestützt, verkündet Chull mit bebender Stimme, was ihm auf der Seele brennt:
„Ich sah rätselhafte Zeichen, die mich ließen erbleichen, von einer grausamen Macht, die der Galaxis schon einmal die Dunkelheit gebracht. Die Engel der Nacht sind aus den Tiefen der Ewigkeit zurückgekehrt. Deren diabolische Manduls verbreiten ganz unbeschwert, allenthalben Tot, Drangsal und Not! Glaubt meinem Bekenntnis und widersteht den Sirenen der Finsternis, die euch locken wollen mit Aurum und kehrt auf der Stelle wieder um! Überquert ihr dennoch die Grenze zum Reich der Maschinen, welche der übersinnlichen Tamarin-Kaiserin dienen, werden nicht Reichtum und Ehre den Modechai winken, sondern erbärmlich im eigenen Blut müssen dann alle Corden ertrinken!“
Erschrecktes Raunen geistert durch den Raum. Nur Machmull scheint davon eigenartig unberührt: „Warum erzählst du uns das, Chull? Hat das Gebräu etwa auch noch den letzten Rest deines Verstandes getilgt?“ – „Mich alten Golgon mag der Kahn verlachen, aber meine Prophezeiungen sind Sachen, denen er Beachtung schenken sollte, wenn sein Clan weiterleben wollte!“ Dabei streckt der Seher seinem Kahn einen Sonnenstein entgegen, unter dessen glatter Oberfläche gespenstisch das achteckige Wappen der Tamarin-Kaiserin von Random schimmert. – „Schweig endlich still, alter Golgon! Hier ist Geld. Kaufe dem guten Gevatter Chull einen Krug Gebräu und schaffe ihn zurück in sein Quartier“, fordert Machmull grantig und wirft einem Krieger ein Goldstück zu. Letzterer zögert einen Moment, fasst dann den Alten unter und zieht ihn behutsam von Hectorum weg zum Ausgang. Kurz vor Verlassen der Brücke reißt sich Chull los und wendet sich noch ein letztes Mal um. Mit dem Mut der Verzweiflung schwört er:
„Hört auf die Mahnung meiner Worte und haltet euch fern von jenem verfluchten Orte! Das imperiale Random kennt unseren Neid und weiß längst über euer Vorhaben bescheid! Ogun hat die boshafte Prinzessin der Finsternis zu der Corden Grab bestimmt, wenn niemand den Sinn meiner Worte ernst nimmt! Dort werden die Gierigen unendlich leiden und nur die wenigen Zweifler unter euch sollen am Ende übrig bleiben!“
Der Alte streckt den Arm aus und zeigt schwankend auf den großen Schirm im Zentrum, wo eine Sternenkarte leuchtet. Dann bricht er besinnungslos zusammen, aufgefangen von seinem Begleiter, der ihn vorsichtig fort trägt. Kopfschüttelnd wendet sich Machmull wieder seinen Planungen zu. „Endlich ist er fort. Der Alte hält uns doch nur auf“, schimpft der Kahn und treibt seine Leute zum Weiterarbeiten an. Tjelfe hat Chulls ungeschminkt vorgetragene Warnung besonders tief berührt. Mehr noch als das, beunruhigt sie das Auftreten von Hectorum. Der Muschkott der Modechai blickt streng auf die Anzeigen vor sich. Sein Schweigen ist Ausdruck bohrender Skepsis, ob die Informationen seines Kahns wirklich zuverlässig waren? Wenn nicht, wird er seinen Clan geradewegs in den sicheren Untergang führen. Denn weder die Feuerkraft von Randoms hochgerüsteter Streitmacht, noch die finstere Entschlossenheit seiner mysteriösen Tamarin-Kaiserin sollte man unterschätzen!
Abenteuer im Random-Universum Band 1
Auch seine technische Überlegenheit macht es für andere Staaten zur ständigen Bedrohung. Doch die Gefühlskälte der Kaiserin kommt nicht von ungefähr. Wegen früherer Demütigungen sinnt sie auf Rache.
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Aufbruch zu neuen Ufern
Während vor dem geistigen Auge des Jungen seine Phantasie die kuriosesten Bilder zaubert, strebt am anderen Ende der Galaxis ein Raumschiff der großen Allianz seinem Ziel entgegen. Es kommt von weit draußen, dort, wo es unendlich kalt, unendlich dunkel und unendlich einsam ist. Mit ihm reisen zwei Offiziere der galaktischen Sternenflotte zur Raumbasis Mobile 7. Der eine ist Juno Keniatta, im Rang eines Kommandeurs (Oberst), ein Mann Mitte 40. Er hat braunes Haar mit zartgrauen Schläfen, rundem Kinn, weicher Nase und braunen Augen. Neben ihm sitzt sein bester Freund, Klaus Steinbach, der den Rang eines Magnus Minor (Major) bekleidet. Auch ihm sieht man an, dass er nicht mehr 25 ist. Stahlblaue Augen, hell-braunes Haar und ein spitzbübisches Lächeln gehören zu seinen Markenzeichen.
Beide schauen schon eine ganze Weile schweigend zu den Sternen hinaus, als Steinbach plötzlich brummt: „Auch wenn du es nicht mehr hören kannst, aber ein altes Schiff bleibt ein altes Schiff! Einerlei was sie an Technik rein gesteckt haben.“ – „Ich weiß, ich weiß. Aber was soll ich denn machen? Schließlich hast du doch die Morning Sky zu Schrott geflogen. Das war mittlerweile das vierte Schiff. Daher geben sie uns jetzt wohl kein neues mehr.“ – „Ja, ja“ mault Steinbach leise vor sich hin, den Blick immer noch stur zum Fenster hinaus gerichtet. „Unseren Urlaub haben sie uns auch gestrichen, da wir ja zuerst das neue Schiff übernehmen sollen.“ – „Halb so wild. Nun mal was anderes“ seufzt Keniatta. „Kennst du einen der Neuen, den sie uns zugeteilt haben?“ Steinbach schüttelt den Kopf, schaut auf seinen Bildschirm und ruft die Liste auf. „Ein Frischling und zwei Corden. Wusste gar nicht, dass welche in der Sternenflotte dienen. Oh Mann, wenn wir schon in den Mist packen, dann richtig.“ – „Abwarten“ lächelt Keniatta, dessen Optimismus noch nicht ganz erloschen scheint, als eine Computerstimme plötzlich die Ankunft auf Mobile 7 ankündigt.
Nachdem die Raumfähre angedockt hat, betreten die beiden Offiziere den Hangar. „Grat“ grüßt ein Verteidiger (Soldat), „Kommandeur Keniatta? Kommandeur Burgos erwartet Sie bereits. Bitte folgen Sie mir.“ – „Gut, ich komme“ erwidert Keniatta und fordert Steinbach auf: „Du kümmerst dich schon mal um unser neues Gefährt.“ Kaum dass er sich auf den Weg gemacht hat, steht der Deckoffizier, Magnus Minor (Major) Ben Sakovich, ein kräftig gebauter, bärtiger Zeitgenosse, vor Steinbach. „Na wen haben wir denn da? Wenn das nicht unser Bruchpilot ist. Wie viele Schiffe willst du denn noch zu Schrott fliegen, ehe sie dich endlich aus dem Verkehr ziehen?“ Steinbach winkt genervt ab. „Wenn sie dir die Wracks vom Gehalt abziehen würden, müsstest du – mal überlegen – bestimmt 500 Matronen (Jahre) arbeiten, um das alles zu bezahlen“ spottet Ben. „Sehr witzig. Wenn ich einen Komiker brauche, melde ich mich“ antwortet Steinbach. „Natürlich, verzeih mir. Ihr seid ja hier, um euer neues Gefährt zu übernehmen. Da hat sich das Oberkommando etwas Besonderes einfallen lassen“ schmunzelt Ben, legt seinen Arm um Steinbach, dreht ihn nach rechts und deutet auf eine der Landebuchten. „Was?“, erschrickt Steinbach. „Diese Rostlaube? Sollen wir das Ding zum nächsten Schrottplatz fliegen?“ – „Oh nein“ grinst Ben süffisant, „ihr sollt darauf alt werden. Dann können sie euch gleich zusammen verschrotten.“ Er klopft Steinbach heftig auf die Schulter und lacht laut. Alle Verteidiger in seiner Nähe stimmen in das Gelächter ein. Steinbach kann nicht glauben, was er da sieht. Ihm ist nicht danach, zum Gespött des ganzen Stützpunktes zu werden. Doch wer den Schaden hat …
Während Ben und die übrigen Mechaniker, immer noch lachend, allmählich wieder ihrer eigentlichen Beschäftigung nachgehen, bleibt Steinbach zerknirscht zurück. Er schüttelt resignierend den Kopf und brummt: „Oh Mann. Womit habe ich das verdient? Das Ding hält doch nur noch der Rost zusammen.“ – „Das Ding macht fast acht Potentialsprünge“ sagt eine Stimme aus dem Hintergrund. „Ach wirklich? Vorher müssten wir nur noch zehn Py Klebeband drumwickeln, damit dieses Vehikel beim Beschleunigen nicht sämtliche Schrauben verliert.“ – „Die A. R. S. Dragon ist wesentlich robuster, als sie aussieht. Sie hat uns schon mehrfach das Leben gerettet!“ – „Genau so sieht die Schüssel auch aus. Hat dabei wohl ziemlich gelitten?“, lästert Steinbach und dreht sich um. Hinter ihm stehen zwei Offiziere. Ein eher schmächtiger mit wildem Haar wie Ludwig van Beethoven, runder Nase, schwarzen, durchdringenden Augen und ziemlich ärgerlichem Gesichtsausdruck. Der andere ist gebaut wie ein Kleiderschrank, hat eher glattes Haar mit Koteletten und eine breite Nase, auf der eine schnittige, rotbraun getönte Brille sitzt. Er verzieht keine Miene, wirkt kühl und beherrscht. „Na schön, wer seid ihr zwei Helden?“, will Steinbach wissen. „Minor 3. Grades Minus Mimusus, erster Pilot der A. R. S. Dragon und Minor 3. Grades Ungnat Havannadalshunkurt, technischer Offizier“, antwortet der kleinere Mimusus, wohl wissend, dass Steinbach den militärisch höheren Rang bekleidet. „Lasst mich raten: unsere zwei Corden?“ – „So ist es, Grat“ knurrt Mimusus. „Sagt bloß, ihr seid auch noch stolz auf diesen Haufen Weltraumschrott? Na ja, ihr Corden sammelt ja Müll. Daher wisst ihr wahrscheinlich nicht, wie ein richtiges Schiff aussieht.“ – „Etwa so wie die Morning Sky? Wirklich beeindruckend“ kontert Havannadalshunkurt, der stämmige Corde, trocken.
Ehe Steinbach erwidern kann, meldet sich noch jemand zu Wort: „Guten Tag, Grat.“ Steinbach schließt den Mund und dreht sich nach rechts. Dort steht eine eher unscheinbare Erscheinung. Sie wirkt wie frisch gewaschen und gestriegelt. Die kurzen schwarzen Haare sind akkurat nach links gekämmt, die braune Uniform zeigt sogar Bügelfalten. Steinbach mustert sein Gegenüber vom Scheitel bis zur Sohle und fragt dann entgeistert: „Und was bist du für ein Humorist?“ – „Minor 3. Grades Minette meldet sich zum Dienst“ antwortet der Offizier wie aus der Pistole geschossen. Das ist zu viel für Steinbach. Er muss passen, während Minette unbeirrt fortfährt: „Ich bin als Navigator und Wissenschaftsoffizier auf die A. R. S. Dragon versetzt. Bitte, mein Marschbefehl.“ Er streckt Steinbach zackig seine Hand entgegen und will ihm eine Platine reichen. „Das träume ich doch? Bitte kneif mich einer“ jammert Steinbach und dreht sich einmal im Kreis, den Blick zur Decke gerichtet. „Aha, wie ich sehe, haben Sie sich alle schon bekannt gemacht“ unterbricht Keniatta ruhig, der mittlerweile vom Stationskommandeur zurück ist und plötzlich hinter Steinbach auftaucht. „Achtung“, verkündet Minette forsch und steht stramm. „Schon gut. Entspannung“, stöhnt Keniatta und schaut nachdenklich in die Runde.
Zur selben Zeit spielen sich weit entfernt, jenseits der Grenze zum geheimnisumwitterten Reich von Random, dramatische Szenen ab. Ein Trupp vermummter Gestalten huscht im Schutz der Dunkelheit schwer bepackt eilig eine breite Rampe empor, Männer, Frauen und Kinder. Oben werden riesige Container durch automatische Kräne zum Verladen gestapelt. In der Ferne erkennt man am Himmel die Silhouette eines gewaltigen Transportschiffes, das sich in der Umlaufbahn befindet. Kleinere Transporter pendeln pausenlos zwischen Verladestation und Frachter hin und her. Ziel der Gruppe ist eine diese stählernen Boxen. Mehrere Männer öffnen das Gehäuse an der Seite, indem sie die Nieten lösen und so die Verblendung ein Stück anheben können. Nun schlüpfen nach und nach alle hinein, wobei immer wieder die Ermahnungen „Vorsicht“ und „Beeilung“ geflüstert werden. Drinnen ist es stockdunkel. Vorsichtig versucht man, die unterste Niete wieder zu befestigen. Dabei kommt es zu einem hektischen Dialog: „Pass bloß auf“ sagt einer. „Wenn die Imperos merken, dass das Depot beschädigt ist, dann werden sie kommen und …“ – „Sei still, Blela! Los, Markus! Schraub endlich den verdammten Bolzen fest.“ Plötzlich knallt es. Die Frauen und Mädchen wimmern ängstlich. Offenbar wurde der Container durch den Magneten eines der Kräne erfasst. Kurz darauf folgt ein unsanfter Ruck, der alle Insassen wild durcheinander wirbelt und ihnen blaue Flecken en masse beschert. Jetzt gibt es kein Zurück mehr.
Mittlerweile hat Keniatta mit seiner neuen Crew die A. R. S. Dragon besichtigt. Steinbachs Laune hat sich kaum gebessert. „Na ja, es hätte schlimmer kommen können“ klopft ihm Keniatta besorgt auf die Schulter. Hingegen scheint Minette ganz zufrieden. Er hat eine Tüte Kekse dabei und knabbert fleißig daran: „Mag das Schiff auch schon einiges hinter sich haben, die Technik ist wirklich vom Feinsten.“ – „Ach ja?“, murrt Steinbach zurück. „Ja! Selbst die Schiffe der Gemini-Klasse sind technisch nicht so gut ausgestattet. Als ich davon hörte, habe ich mich gleich freiwillig hierher gemeldet“ antwortet Minette freudestrahlend, an einem weiteren Keks nagend. „Wie schön. Wenigstens einer, der glücklich ist.“ Steinbach verlässt das Cockpit, während sich Keniatta noch umschaut.
Mimusus tritt an ihn heran: „Das Schiff ist besser, als es aussieht. Glauben Sie mir, Grat.“ – „Hoffentlich haben Sie Recht“, murmelt Keniatta und lässt sich in seinen Kommandositz fallen, der von der Tür aus gesehen gleich rechts in Blickrichtung nach vorn angeordnet ist. Auf der anderen Seite, der Wand zugewandt, befindet sich ein Stück weiter vorn der Wirkungsbereich des Navigators, den Minette schon eifrig inspiziert. Er kann es kaum erwarten, endlich die vielen Geräte auszuprobieren. Vor ihm, dem Hauptbildschirm zugewandt, sitzt der Pilot. Neben dem Bildschirm ist auf jeder Seite ein dreieckiges Fenster eingelassen, dessen spitze Seite nach hinten zeigt.
Steinbach ist wieder ausgestiegen. Er braucht erst einmal frische Luft. „Na, Bruchpilot, wie ist es? Bist schon ganz heiß, mit dem Baby zu fliegen?“, stichelt Ben. Der hat Steinbach gerade noch gefehlt, weshalb er sich gereizt wegdreht. Doch Ben lässt nicht locker, schlägt Steinbach erneut von hinten auf die Schulter und lacht: „Wenn du willst, schweißen wir vor eurem Abflug hinten noch schnell einen Griff dran zum Wegwerfen.“ – „Ich gebe dir gleich was zum Wegwerfen …“, kontert Steinbach verärgert und dreht sich mit geballter Faust zu Ben um, als überraschend Keniatta in der Tür hinter ihm erscheint: „Da wir gerade vom Schweißen reden, Magnus Minor Sakovich.“ Ben schaut verdutzt aus der Wäsche. „Nehmen Sie gefälligst Haltung an!“, schimpft Keniatta. Daraufhin steht Ben artig stramm. „Schon besser. Und jetzt hören Sie zu. Wir werden in Kürze einen Testflug zur Raumbasis Elysium Magna unternehmen. Wenn mir dabei Mängel auffallen sollten, werden Sie sie nach unserer Rückkehr umgehend beheben, verstanden?“ – „Jawohl“, antwortet Ben gequält. „Gut. Denn Sie und Ihre Deck-Crew werden so lange Überstunden machen, bis der Kahn flott ist! So ist es mit Kommandeur Burgos abgesprochen.“ – „Jawohl“, erwidert Ben verlegen und schluckt. „Noch Fragen? … Wegtreten!“, befiehlt Keniatta ungehalten. Ben grüßt militärisch, macht auf dem Absatz kehrt und zieht schleunigst von dannen. „Ich hasse diesen Wiederkäuer“ knurrt Steinbach wütend. „Schon gut. Ich wollte eingreifen, bevor du ihm noch an die Wäsche gehst. Ein Disziplinarverfahren können wir uns nicht leisten. Jetzt rein mit dir, wir sind spät dran.“ Steinbach besteigt widerwillig noch vor Keniatta das Schiff. Dann schließt sich das Schott langsam hinter ihnen …